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Antisemitismus im Spektrum der politischen Linken scheint für viele Menschen einen Widerspruch in sich darzustellen, da diese politische Haltung vor allem mit sozialer Gerechtigkeit und Gleichheit assoziiert wird und Antisemitismus nicht als integraler Bestandteil linker Weltbilder thematisiert wird.

Doch genau hier ist eine radikale Selbstreflexion seitens linksgesinnter Menschen vonnöten. Denn zum einen ist in einer Gesellschaft, in der Antisemitismus und Rassismus strukturelle Probleme darstellen, niemand gefeit vor (teilweise auch unbewusst) verinnerlichten antisemitischen und rassistischen Ressentiments. Zum anderen ist der Antisemitismus bis heute – entgegen des eigenen Selbstverständnisses – historisch immer wieder Begleiter linkspolitischer Bewegungen, insbesondere wenn es um Israel und den Nahostkonflikt, personalisierende oder verkürzte Kapitalismuskritik, Verschwörungstheorien, Postimperialismus, aber auch die Erinnerungskultur an die Shoah geht.

Unter jungen Linken heute herrscht überwiegend ein großes Interesse daran, die alten Muster zu durchbrechen und antisemitische Vorurteile nicht mehr zu reproduzieren, sondern zu erkennen, kritisch zu hinterfragen und die eigene Stimme dagegen zu erheben.

Mit unserem Modellprojekt „Radikale Reflexion“ möchten wir an diesem Bedarf ansetzen und vielfältige Angebote schaffen, die überregional und digital genutzt werden können und eine Orientierung bei der Auseinandersetzung mit dem komplexen Themenfeld bieten. Dabei möchten wir besonders das Spannungsfeld von israelbezogenen Antisemitismus und antipalästinensischem Rassismus in den Fokus rücken, aber auch andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, wie antimuslimischen Rassismus, Autoritarismus, Sexismus und LGBTQIA-Feindlichkeit einbeziehen.Das Projekt „Radikale Reflexion“ startete im Januar 2020 und läuft noch bis Dezember 2024.

Wen möchten wir mit dem Projekt ansprechen?

Das Projekt richtet sich insbesondere an junge Erwachsene, die sich selbst dem linken politischen Spektrum zuordnen.

Was ist der Ausgangspunkt des Projektes?

Antisemitismus in der politischen Linken hat eine lange Geschichte, die sich bis in die Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen lässt. In unserem Projekt legen wir das Augenmerk jedoch auf die Formen von Antisemitismus, die sich seit 1968 in der extremen politischen Linken herausgebildet haben – in Einzelstimmen, als Hintergrundrauschen oder im Zentrum der politischen Praxis.Eine besondere Herausforderung dabei ergibt sich daraus, dass Antisemitismus in Teilen der zeitgenössischen Linken kaum beachtet wird – auch da, wo sie intersektional und merkmalsübergreifend antidiskriminierend handeln möchte. Dies stellt nicht nur ein theoretisches Problem dar, sondern begünstigt auch eine Reproduktion antisemitischer Vorurteile sowie Bilder und somit die Bedingungen für gewaltvolle Handlungen gegen jüdische Gemeinschaften und Menschen in Deutschland erhält.

Als 2014 auf einer israelfeindlichen Demonstration in Wuppertal Brandsätze auf eine Synagoge geschleudert wurden, befanden sich auch linke Gruppierungen unter den Demonstrant*innen. Eine aktuelle Umfrage der European Union Agency for Fundamental Rights (2019) ergab zudem, dass 21 % der befragten Jüdinnen und Juden die schwersten antisemitischen Übergriffe von links erlebt hatten. Auch unterhalb der Schwelle strafrechtlicher Relevanz treten diskriminierende Praxen gehäufter auf: Diese Entwertungen im Alltag sind ein Risikofaktor für antisemitische Straftaten, da sie Hemmschwellen abbauen und Jüdinnen und Juden in Deutschland gefährden.

Welches Angebot wurde bereits geschaffen?

Im Jahr 2022 haben wir im Rahmen des Projektes „Radikale Reflexion“ eine digitale Sonderausstellung mit dem Titel „matter of fact – Warum wir an Verschwörungstheorien glauben wollen“ geschaffen, die sich mit der Geschichte, Struktur, Gefahr und Prävention von Verschwörungstheorien beschäftigt. Das virtuelle Angebot, in dem zahlreiche Expert*innen zu Wort kommen, ist dauerhaft online abrufbar.

Zur digitalen Sonderausstellung „matter of fact“

Welche Angebote sind in Planung?
  • Fortbildungen zu Antisemitismus
  • digitale Angebote
  • Publikationen und Veranstaltungen, die die Diskussion vorantreiben