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Text: Ayesha Khan / Armin Razmpush
Datum: 16. Juni 2021
 


Im aktuellen Frankfurter Polizeiskandal kommen Tag für Tag neue Details ans Licht. Genau vor einer Woche wurde bekannt, dass es neue Fälle von rechten Chats in der Frankfurter Polizei gibt – ermittelt wurde zunächst gegen 20 Beamte des Sondereinsatzkommandos (SEK). Kurz darauf folgte die Ankündigung, dass das Frankfurter SEK aufgelöst und neustrukturiert würde.

Am gestrigen Dienstag wurde Innenminister Peter Beuth vor dem hessischen Landtag zum Skandal befragt. Die neuesten Erkenntnisse zeichnen ein erschreckendes Bild ab: 

  •    Insgesamt waren 49 aktive Beamte Teil des Chats, gegen 24 Beamte wird jedoch weder strafrechtlich noch disziplinarisch vorgegangen 
•    Mitglieder des Chats waren Beamte aus dem Frankfurter SEK, vier hessischen Polizeipräsidien, der Bereitschaftspolizei, dem Landeskriminalamt und der hessischen Polizeiakademie 
•    13 der SEK-Beamte, gegen die ermittelt wird, waren beim rassistischen Terroranschlag von Hanau im Einsatz 
•    Auch Beamte des Landespolizeipräsidiums, welches Teil des Innenministeriums ist, waren Mitglieder der Gruppe 
•    Die Ermittlungen betreffen auch drei Führungskräfte
•    Die durchsuchten Räumlichkeiten des SEKs hätten „Befremdung“ hervorgerufen. Neben heroischen Selbstdarstellungen waren auch Devotionalien aus dem Film „300“ zu finden, wie etwa das Lambda-Symbol. Das Symbol ist auch das Logo der rechten Identitären Bewegung, die sich in ihrem Selbstverständnis mit dem Film „300“ identifiziert
 
All diese Erkenntnisse stellen laut Beuth dabei nur einen „Zwischenstand“ dar – in den kommenden Tagen und Wochen könnte noch viel mehr ans Tageslicht kommen. Auch sind noch nicht mögliche Verbindungen zu anderen rechten Chats und Polizeiskandalen untersucht worden. Erst vergangenen Monat haben wir unter dem Beitrag „Wo sind die Waffen – wo die Aufmerksamkeit“ die fehlende Diskussion um hunderte entwendete Waffen in der Frankfurter Asservatenkammer angeprangert.

Betroffenenverbände fragen:
Welchen Einfluss hatten
die verdächtigen Beamten
auf den Verlauf des Einsatzes in Hanau?

Jetzt wurde auch bekannt, dass bei dem höchst umstrittenen und vielfach kritisierten Polizeieinsatz während des rassistischen Terroranschlags in Hanau 13 der unter Verdacht stehenden SEK-Beamte im Einsatz waren. Die Berichte von Opfern die als Schutzschilde benutzt wurden, von der stundenlang hinausgezögerten Stürmung der Wohnung des Täters und der Verdächtigung sowie Bedrohung von Angehörigen durch Einsatzkräfte müssen kritisch aufgearbeitet werden. Die Initiative 19. Februar Hanau fordert daher Aufklärung darüber, welchen Einfluss diese Beamten auf den Verlauf des Einsatzes genommen haben.

  Schon vor einem Jahr haben wir einen Strukturwandel in der Polizei gefordert. Das gilt heute noch mehr als damals. Rassismus und Antisemitismus sind keine "Einzelfälle", sondern strukturell in unserer Gesellschaft und Sozialisation verankert. Deshalb sind auch Sicherheitskräfte nicht davor gefeit. Wir fordern deshalb Antirassismus-Trainings für die Polizei und wünschen, dass rassismus-und antisemitismuskritische Bildungsinhalte fest in den Aus-und Fortbildungscurricula von Polizei und Justiz verankert werden –nur dann kann sich strukturell etwas ändern.