Loading...

Die geplante Justizreform ist eine ernsthafte Gefährdung der Demokratie des Landes. Und nun reist Netanjahu zu einem Staatsbesuch nach Berlin, wird von Kanzler Scholz empfangen.

In Israel wurde der Besuch von Protestierenden bereits aufs Schärfste kritisiert. Viele fragen sich: Ist es okay, den Besuch des israelischen Staatschefs in Berlin infrage zu stellen? Wie geht Kritik an der israelischen Regierung, ohne antisemitisch zu sein?

Ein kurzes FAQ mit unserem Direktor Dr. Meron Mendel

Meron, ist die Forderung, Benjamin Netanjahu aus Berlin auszuladen, in Ordnung?

Wenn ein israelischer Regierungschef die Demokratie in Israel abschaffen will und sich gegen die gemeinsamen Werte der deutsch-israelischen Freundschaft stellt, ist jetzt der denkbar schlechteste Zeitpunkt, ihn nach Berlin einzuladen. Die extrem rechte Regierung von Netanjahu tritt die gemeinsamen Werte von Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Schutz der Minderheitenrechte derzeit mit Füßen – und diese Werte sind die Basis der deutsch-israelischen Beziehung. Da hätte eine deutsche Regierung jedes Recht und gute Argumente, von einem Besuch Netanjahus in Berlin abzusehen.

Übrigens zeigen die USA seit drei Monaten eine deutlich kritische Haltung – es ist kein Geheimnis, dass Netanjahu unter diesen Umständen kein willkommener Gast in Washington ist. Das ist genau die Erwartung, die wir an die deutsche Regierung richten können und müssen.

Bei Protesten gegen die israelische Regierung mischt sich immer wieder Antisemitismus in die Rhetorik. Wie kann man das vermeiden – um es kurz zu machen: Deine 3 wichtigsten Botschaften?

Formuliert Eure Kritik am Handeln der gewählten israelischen Regierung – und nehmt nicht alle Jüdinnen und Juden weltweit kollektiv in Sippenhaft für das, was in Israel und auch im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt passiert. Der Staat Israel ist nicht gleichzusetzen mit der Zugehörigkeit zur jüdischen Religion.

Wählt Eure Protestsymbole mit Bedacht: Protestiert vor Repräsentationen der Regierung (wie zum Beispiel der israelischen Botschaft), aber natürlich nicht vor Synagogen. Manche Aktionen (Flaggenverbrennen) und Slogans („From the river to the sea“) spielen mit der Auslöschungsfantasie gegenüber dem israelischen Staat und zielen bei genauerer Betrachtung darauf, den Staat Israel in seiner Existenz abzuschaffen.   Vermeidet die Überzeichnung von Israel als superböser Dämon („Kindermörder Israel“) oder als einziger Akteur, der den Weltfrieden bedroht – in dem Zusammenhang werden allerlei antisemitische Fantasien verbreitet und andere Konfliktherde auf dieser Welt völlig ignoriert.

Was heißt Solidarität mit Israel für dich?

Die israelische Demokratie ist zwar bedroht, aber noch ist Israel die einzige Demokratie im Nahen Osten mit einer pluralen Zivilgesellschaft, die aktuell die Stimme erhebt: Hunderttausende protestieren seit Wochen gegen die Pläne der Regierung, darunter die führenden Wissenschaftler*innen, Intellektuellen, Kunst- und Kulturschaffenden des Landes. Ihnen sollte unsere Solidarität gelten – das heißt auch, sie dabei zu unterstützen, dass ihre Stimmen in anderen Teilen der Welt gehört werden.

Solidarität gilt nicht der Regierung, sondern der israelischen Gesellschaft und drückt sich in vielfältigen Verbindungen, Kooperationen und gemeinsamen Projekten aus. D.h. Solidarität mit Israel aktuell bedeutet, die demokratischen und liberalen Kräfte in der Gesellschaft in dieser Zeit zu unterstützen.