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"Was ist mit der  israelischen Gewalt?  Es ist total einseitig, nur auf die Angriffe  der Hamas zu verweisen – das legitimiert  die israelische Unterdrückung."   

Keine Frage: Auch Israel  hat Verbrechen gegen die  Palästinenser*innen zu verantworten. Man kann & muss aber über ein Massaker wie das vom  7. Oktober ‘23 sprechen und  empathisch mit den Opfern sein, ohne es mit Verweis auf Israel zu relativieren. Die Hamas hat bewusst  Massaker an Zivilist*innen  verübt. Keine Unterdrückung kann den vorsätzlichen Massenmord rechtfertigen, den die Hamas an der Zivilbevölkerung begangen hat. Man muss auch nicht für die Hamas sein, um sich für die  Palästinenser*innen einzusetzen. Die Palästinenser*innen sind nicht mit der Hamas  identisch. Genauso kann man auch auf Seiten der Afghan*innen sein, ohne sich an die Seite der Taliban zu stellen. 

"Gaza muss zerstört werden! Die Anschläge haben es gezeigt: Das sind Tiere!" 

Die Gleichsetzung aller Palästinenser*innen mit den Taten der Hamas ist rassistisch. Die berechtigte Wut über Terroranschläge darf niemals zur Dehumanisierung von Menschen führen, weder in Gaza, noch in der Westbank oder sonst auf der Welt. Rassismus kann keine Antwort auf Antisemitismus sein –  genausowenig wie  Antisemitismus eine Antwort auf Rassismus sein darf. 

"Ich spreche doch  gar nicht über Juden,  sondern über Israel! Wie kann ich  antisemitisch sein?"

Ähnlich wie Rassismus ist  auch Antisemitismus Jahrhunderte alt. Er hat immer wieder seine Form geändert.  Heute benutzen einige den  Umweg über Israel, um antisemitische Gefühle loszuwerden – bewusst und unbewusst.  Ein Beispiel: Jüdinnen_Juden  wurden über Jahrhunderte mit Ungeziefer oder Raubtieren verglichen, als eine nicht menschliche „Rasse“ bezeichnet. Ihnen wurde auch angedichtet, in ihren Ritualen das Blut von Kindern zu trinken, oder in geheimen Verschwörungen Kriege zu organisieren. Wo diese Bilder auf den  israelischen Staat oder seine Vertreter*innen angewendet werden, handelt es sich um  Antisemitismus.  Zum Beispiel, wenn der  jüdische Staat als besonders böse, intrigant und hinterlistig  beschrieben wird. Oder wenn  die Rede vom „Kindermörder  Israel“ ist: Obwohl Kinder  weltweit Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen sind, gibt es in Bezug auf kein  anderes Land einen vergleichbaren Vorwurf. Hier muss man auch Absicht von Wirkung trennen: Vielleicht ist die Absicht nicht antisemitisch. Solche Aussagen haben aber eine eindeutige Wirkung: Sie sorgen dafür, dass sich  Jüdinnen_Juden nicht mehr  sicher fühlen – überall auf der Welt, nicht nur in Israel. 

"Wo ist die Grenze  zwischen Israelkritik  & Antisemitismus?"

Die Grenze ist immer da  überschritten, wo Israel  dämonisiert wird und/oder das Existenzrecht  abgesprochen wird.  Ein Beispiel für Dämonisierung: Der israelischen Armee wird eine besondere Blut-,  Rache- oder Mordlust  vorgeworfen, das Handeln der israelischen Regierung  ausschließlich durch bösartige, inhumane Motive erklärt.  Delegitimierung bedeutet die grundsätzliche Infragestellung von Israel als ein Staat, in welchem Jüdinnen_Juden Schutz genießen. Und der  für Jüdinnen_Juden weltweit  ein Zufluchtsort vor  Antisemitismus ist.  Israelisches Regierungshandeln lässt sich kritisieren, ohne auf solche antisemitischen Bilder zurückzugreifen.  

"Was bitte ist an  dem Demo-Spruch  „from the river to the sea“ antisemitisch?  Hier geht es doch um Befreiung?" 

„From the River to the Sea” wird oft auf palästinasolidarischen Demonstrationen gerufen.  Ursprünglich handelte es sich um einen Kampfspruch der PLO (Palestinian Liberation Organisation). Er ruft zur „Befreiung“ des Gebiets zwischen Jordan und Mittelmeer auf. Der Spruch zielt auf das Ende eines eigenen jüdischen Staates und spricht Israel das Existenzrecht ab. Für viele Jüdinnen_ Juden impliziert der Spruch auch die Drohung mit einem „judenreinen“ Palästina und der Vertreibung all jener, die hier seit Generationen leben. 

"Und was ist mit  „yallah intifada“?" 

„Intifada“ bedeutet  „Abschütteln“ und bezieht  sich auf mehrere Serien von Angriffen und Terroranschlägen von Palästinenser*innen  in Israel. Besonders blutig war die Zweite Intifada Anfang der Nullerjahre, die von Selbstmordanschlägen auf Linienbusse und Straßenkreuzungen  gezeichnet war. Über 1000  Israelis, die meisten davon  Zivilist*innen, wurden dabei  ermordet. Seither ist das Wort Intifada mit dem gezielten Mord an  Jüdinnen_Juden assoziiert.  Es kann als Aufruf zu antisemitischen Pogromen verstanden werden und führt bei Betroffenen zur Retraumatisierung – egal, wie es gemeint ist. Wer solidarisch mit Jüdinnen_Juden sein und keinen Antisemitismus verbreiten möchte, verwendet diese Slogans nicht. 

"Wenn es nach euch geht, bin ich sofort Antisemit*in, wenn ich mit den Menschen in Gaza solidarisch sein möchte!"

Im Gegenteil: Wir müssen jetzt mit den Menschen in Gaza empathisch sein, die unter den Untaten der Hamas genauso leiden wie unter der Blockade, und die seit Jahren keine Perspektive für eine  Verbesserung ihrer Lebensumstände haben. Es ist aber wichtig zu bedenken, wie man diese Solidarität ausdrückt: Legitimation oder Verständnis für Terror, Nachsicht mit  radikal-islamistischen, antidemokratischen Organisationen, ein  Ausblenden des Leids israelischer Terroropfer und die Verbreitung  antisemitischer Sprache geht mit unserem Begriff von  Solidarität nicht zusammen. 

"Auf einer Demo habe ich Sticker mit Motor-Gleitschirmen gesehen. Was ist davon zu halten?"

Das ist eine Anspielung auf die Hamas-Terroristen, die mit solchen Gleitschirmen auf israelisches Gebiet vorgedrungen sind – um dann in Dörfern und auf dem Festival so viele Zivilist*innen wie möglich umzubringen oder zu entführen. Ein solches Symbol verherrlicht diese Anschläge und hat mit  Widerstand nichts zu tun:  Es ist Terrorpropaganda. 

"Die Antwort auf den Terror der Hamas kann nur heißen: Zuwanderung begrenzen!" 

Wir bemerken, wie Rechtspopulist*innen aus allen Parteien die Terroranschläge nutzen, um ihre geflüchtetenfeindliche,  rassistische Agenda weiter zu  verstärken. Neue Härten gegen schutzlose Menschen werden kein Terroropfer wieder lebendig machen – und auch keine neuen Anschläge verhindern. Die Saat des Antisemitismus wird immer wieder aufgehen, wo politische Bildung  vernachlässigt wird.  Und: Der größte Teil der Geflüchteten in Deutschland flieht gerade vor  radikalislamistischen Regimes wie dem der Hamas. 

"Wenn nicht mit Gewalt, wie sollen sich  Palästinenser*innen dann wehren?"   

Wir glauben, dass Friedensinitiativen, gewaltloser Protest und  ziviler Ungehorsam die besten Mittel sind. Nicht vergessen: Die Hamas  unterdrückt aktiv Organisationen, die sich für eine gewaltlose Lösung  einsetzen. Die Attentate von Anfang Oktober ‘23 waren kein spontaner Widerstand, sondern lange geplant, mit Unterstützung des Iran.  Sie hatten das Ziel, bewusst so viele Unschuldige wie  möglich zu ermorden.  Das ist kein Widerstand. 

"Es ist das erste Mal in der modernen Historie, dass Palästina sich in dem Ausmaß der neusten Angriffe verteidigt, indem es die koloniale, militärische Infrastruktur Israels erfolgreich angreift." 

An dem Satz ist einfach alles falsch. Es gab schon viele Angriffe der Hamas auf Israel – zuletzt 2021. Von Verteidigung kann angesichts des Angriffs auf Dörfer und Festivalbesucher*innen keine Rede sein. Die Angriffe vom Oktober ‘23 waren  nicht auf militärische Ziele gerichtet, sondern auf  die Zivilbevölkerung,  zum Teil Senior*innen und Kinder. Deren Ermordung, Entführung,  Vergewaltigung und öffentliche  Demütigung kommen hier  überhaupt nicht vor. Alle Israelis pauschal als militärische Kämpfer*innen darzustellen, deren Tötung legitim sei, ist antisemitisch, weil es (als jüdisch gedachte) Einzelpersonen für das Handeln der israelischen Regierung verantwortlich macht und sie entmenschlicht. Es gibt auch keine “legitimen” Ziele für solche Angriffe.  Solche Argumentationen  verstoßen gegen die  Menschenwürde und die Gleichwertigkeit von Menschen. 

"Auch die deutschen Medien betreiben eine rassistische Hetze gegen Palästina,  um den Kampf zu  kriminalisieren." 

Den Eindruck teilen wir nicht: Viele Medien widmen sich dem Leid der Palästinenser*innen ausführlich.  Die Unterstellung, dass sämtliche deutschen Medien quasi gleichgeschaltet über Israel berichten, impliziert das Bild einer jüdischen Kontrolle der Medien und ist in  der Grauzone zum  Antisemitismus. 

Aber: Es ist auch nicht okay, jetzt Antisemitismus als Problem nur von Muslim*innen oder Palästinenser*innen zu sehen. Jeden Tag sehen wir,  wie Antisemitismus aus der Mitte der weißen  Mehrheits-Gesellschaft kommt. Wer die Ereignisse nutzt, um Stimmung gegen Muslim*innen oder Palästinenser*innen zu machen, dem geht es  nur um Rassismus.  

Und noch mal:  Antisemitismus lässt sich nicht mit Rassismus bekämpfen. 


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