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In seltener Eindeutigkeit sprach der Sheriff des Bezirks von einem „rassistisch motivierten Hassverbrechen”.

Der Täter, ein 18-jähriger Weißer, tötete und verletzte Menschen vor und in einem Supermarkt, elf von ihnen Schwarz. Nach Behördenangaben trug der Täter zum Tatzeitpunkt eine schusssichere Weste und eine Kamera übertrug sein Verbrechen live auf dem Streaming-Dienst Twitch. Wenig später kursierte auch eine Art Manifest.

Von Utoya über Hanau bis Buffalo hat sich in den vergangenen Jahren ein festes Muster rechtsterroristischer Attentate herausgebildet: Männliche weiße Täter, die sich im Internet radikalisieren, Manifeste mit rassistischen und verschwörungsideologischen Thesen hinterlassen – und ihre Taten maximal als Botschaftstaten anlegen. Die Live-Übertragung ist ein Element, das sich so etwa auch beim Anschlag auf die Synagoge und den rassistischen Morden in Halle zeigte. Das Milieu, aus dem sich die Täter rekrutieren, ist die verschwörungsideologische Szene im Netz – eine Echokammer aus antisemitischen und rassistischen Botschaften, die sich gegenseitig stützen und verstärken, etwa in der Verschwörungsmythe vom „Großen Austausch“. Sie erfahren auch Ermutigung durch rechtspopulistische Politiker*innen, die auf diese Mythen anspielen und sie unterstützen.

Die Täter haben den Eindruck, als Märtyrer der Wahrheit oder einer schweigenden Mehrheit zu handeln, und erfahren entsprechend Applaus aus ihrem Milieu. Expert*innen sprechen dabei von „stochastischem” Terrorismus: Es gibt keine klare terroristische Organisation, sondern lediglich ein Milieu, dass solche Taten ideologisch begründet, gutheißt und damit wahrscheinlicher macht.

Um die Glorifizierung solcher Taten zu unterbrechen, ist es wichtig, eine täterzentrierte Betrachtung zu vermeiden. Die Psychologie des Täters, seine Biografie und seine Manifeste sollten keinen Raum einnehmen. Stattdessen muss der gefährliche ideologische Überbau solcher Taten analysiert und klar als rassistisch, antisemitisch etc. eingeordnet werden. Besonders bedenklich ist es, wenn, wie im Falle des verhinderten Anschlags in Essen vergangene Woche, staatliche Vertreter die Motive der Täter bagatellisieren, sie gar als „Hilferuf” einstufen.