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Heute vor 77 Jahren, am 27. Januar 1945, befreite die Rote Armee das KZ Auschwitz. Dort waren über anderthalb Millionen Männer, Frauen und Kinder ermordet worden – entweder sofort nach ihrer Ankunft in den Gaskammern oder durch unmenschliche Zwangsarbeit. Unter ihnen war auch Edith Frank, die Mutter von Anne Frank.

Noch kurz vor der Befreiung, in Erwartung der baldigen Niederlage, ermordeten die Deutschen in einer einzigen Nacht 10.000 Menschen, zerstörten Gaskammern und andere Beweise ihrer Untaten, zwangen Zehntausende weitere auf „Todesmärschen” nach Westen, zu anderen KZs. Die schwächsten Gefangenen wurden zurückgelassen, die Russen fanden etwa 7.500 Menschen in lebensbedrohlichem Zustand vor. Unter ihnen ist auch Annes Vater, Otto Frank.

Anlässlich des heutigen Gedenktages wirft unser Direktor Meron Mendel einen kritischen Blick auf die aktuelle Gedenkkultur: „In der Pandemie erhalten antisemitische Verschwörungstheorien einen nie dagewesenen Aufwind. Offenkundig reicht die Erinnerung an die Schrecken der Vergangenheit nicht mehr aus, um die Gefahren solcher Einstellungen aufzuzeigen.” Mit dem Abschied von den letzten Zeitzeug*innen brauche es auch neue Formen des Gedenkens, um es lebendig zu halten. Dazu sei es ohne Zweifel sinnvoll, auch über die Verbindungen zu anderen Völkermorden und dem Kolonialismus nachzudenken.

Gleichzeitig beobachtet er eine neue Beliebigkeit im Umgang mit dem Thema, die den Erinnerungsbegriff aushöhlt und den Respekt für die Ermordeten vermissen lässt. „Die Erneuerung der Erinnerungskultur darf nicht dazu führen, dass sie ein Selbstbedienungsladen wird.” Erst kürzlich hat ein Gastbeitrag in der FAZ ein „Recht auf Vergessen“ gefordert; gleichzeitig höre man Historiker*innen Thesen zum Holocaust als "Katechismus", die verheerend an Schlussstrichforderungen und die „Schuldkult“-These von Rechtsextremen der 90er Jahre erinnerten. „Ja, die Erinnerungskultur ist oft staatstragend, formelhaft und wirkungslos geworden. Ihre Kritik darf aber nicht dazu führen, sich ihrer komplett entledigen zu wollen.”