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17. Februar 2023


Bei der Tat am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet. Danach tötete er zuerst seine Mutter, dann sich selbst.

Die bisherige Bilanz der Untersuchung ist katastrophal: Notrufe wurden in der Tatnacht nicht ernst genommen, nicht sinnvoll weitergeleitet. Die zuständige Notrufzentrale war unterbesetzt und verfügte über keine Möglichkeit, direkt an die richtige Stelle zu vermitteln. Die Notausgänge in der Hanauer Bar waren sinnlos blockiert – das zeigen unabhängige Studien des Netzwerks “Forensic Architecture”. Informationen über den Aufenthaltsort des Täters wurden nicht unter allen Ermittler*innen und nicht rechtzeitig geteilt – so konnte sich der Täter noch fast zwei Stunden unbehelligt bewegen. Fest steht: Viele der Opfer könnten heute noch leben, wären nicht so viele Fehler gemacht worden. Die zuständigen Behörden spielen das Versagen herunter, geben sich gegenseitig die Schuld – oder halten Unterlagen unter Verschluss.

So musste der Untersuchungsausschuss erst jüngst den Generalbundesanwalt verklagen, um die Herausgabe ungeschwärzter Daten zu erreichen. Auf seiner letzten Sitzung hat der Untersuchungsausschuss außerdem festgestellt, dass die Angehörigen der Opfer vor den Obduktionen nicht angehört worden waren; sie hatten auch keine Möglichkeit, von den Verstorbenen Abschied zu nehmen. Das entsprechende Angebot der Rechtsmedizin sei von den Behörden nicht weitergeleitet worden, berichtet die FAZ.

Zur Frage nach Behördenversagen und Schlamperei gesellt sich die nach strukturellem Rassismus. Immer wieder berichten die Angehörigen der Opfer, nicht respektiert oder angemessen informiert worden zu sein. Ein Schwerverletzter wurde nach seinem Ausweis gefragt. Hinweise auf den Täter und seinen Waffenbesitz gab es schon lange, sie wurden aber weggewischt – stattdessen wurde gegen die ermittelt, die sich über ihn beschwerten.

Der Untersuchungsausschuss wird weiter tagen. Für Ende Mai ist die Vernehmung der letzten Zeugen geplant - darunter Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU).

Es steht jedoch zu vermuten, dass der Ausschuss nur an der Oberfläche kratzen wird können. Denn wo sämtliche beschuldigten Behörden weiter alle Verantwortung von sich weisen, ist Aufklärung schwer.

Unsere Solidarität gilt den Angehörigen und allen, die weiter an die Morde erinnern und Gerechtigkeit einfordern.