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Der Black History Month begann 1926 in den USA als Aktionswoche, die auf den Rassismus im amerikanischen Bildungssystem hinweisen sollte. Initiator war der afroamerikanische Historiker und Autor Carter G. Woodson, der sich sein Leben lang für die Rechte Schwarzer Menschen einsetzte. Die Aktionswoche sollte Schwarzen Menschen ermöglichen, sich jenseits von diskriminierenden Stereotypen mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen. In den 60er und 70er Jahren wurde daraus der landesweite Black History Month, der den gesamten Februar dauert und Anlass für rassismuskritische Bildungsveranstaltungen bietet.

Was bedeutet der Black History Month in Deutschland?

Die Geschichte Schwarzer Menschen wird auch in Deutschland marginalisiert. Wichtige Schwarze Persönlichkeiten sind kaum bekannt, gesellschaftliche Leistungen Schwarzer Communities werden in der Dominanzgesellschaft nicht gewürdigt - stattdessen sind Schwarze Menschen in ihrem Alltag regelmäßig mit Rassismus konfrontiert. In der Studie “Being Black in the EU” hat Deutschland im Ländervergleich am schlechtesten abgeschnitten: 77% der Befragten haben in den fünf Jahren vor der Befragung rassistische Diskriminierung erlebt. Dass Rassismus in Deutschland so präsent ist, hat auch damit zu tun, dass die deutsche Kolonialgeschichte kaum aufgearbeitet wurde.

Verdrängte deutsche Kolonialvergangenheit

Ab dem 16. und 17. Jahrhundert waren deutsche Kaufleute in den globalen Sklavenhandel involviert,  Ende der 1880er besetzte das deutsche Kaiserreich erste Gebiete in Afrika. Dazu zählten die heutigen Länder Togo, Kamerun und Namibia, sowie Teile Tansanias, Burundis, Ruandas und ein Teil Mosambiks. Diese deutschen Kolonien wurden zwar “nur” bis zum Ende des ersten Weltkriegs gehalten, in dieser Zeitspanne verübten die Deutschen allerdings einen Genozid an Herero und Nama und ermordeten hunderttausende Menschen bei einem Aufstand im sogenannten Deutsch-Ostafrika (Maji-Maji-Aufstand).

Fehlende Erinnerung

Jahrzehntelang hat sich das Narrativ durchgesetzt, Deutschland wäre keine “richtige” Kolonialmacht gewesen. Gleichzeitig sind bundesweit Straßen nach kolonialen Feldherren benannt – zum Beispiel nach General Lettow-Vorbeck, der maßgeblich an der Ermordung von über 70.000 Herero und Nama beteiligt war. Erst 2021 erkannte die Bundesrepublik dieses Kolonialverbrechen als Völkermord an.

Sechs Jahre lang wurde über ein “Versöhnungsabkommen” verhandelt, dessen Ergebnis von Vetreter*innen von Herero und Nama aus unterschiedlichen Gründen kritisiert wird - z.B. weil keine direkten Verhandlungen mit den betroffenen Gemeinschaften stattgefunden haben. Auch mit Restitutionen, also Rückgaben geraubter Kulturgüter, tut sich Deutschland schwer – zum Beispiel gab es erst 2022 eine Einigung mit Nigeria über die Rückführung der Benin-Bronzen.

Verdrängte Befreiungskämpfe

Auch der Kampf um Gleichberechtigung für Schwarze Menschen in Deutschland ist in der Mehrheitsgesellschaft kaum präsent. Bereits 1919 forderten Schwarze Aktivist*innen in einer Petition an die Weimarer Nationalversammlung Gleichberechtigung ein, 1986 gründete sich die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD). Kurz zuvor ist das Buch “Farbe bekennen. Afrodeutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte” von Katharina Oguntoye und May Ayim erschienen, die mit dem Begriff “afrodeutsch” die Lebensrealität Schwarzer Menschen in Deutschland benannten.

Mehr Bewusstsein für Schwarze Geschichte

Der Februar ist viel zu kurz, um alle Aktivist*innen und Persönlichkeiten afrodeutscher, Schwarzer und afro-diasporischer Herkunft zu würdigen. Im Rahmen unserer Reihe “Off the record” werden wir deshalb in den kommenden Wochen und Monaten immer wieder an Einzelpersonen und Ereignisse erinnern, die in der weißen Mehrheitsgesellschaft zu wenig beachtet werden. Wenn du dich zu Schwarzer Geschichte in Deutschland weiterbilden möchtest, schau doch mal, welche Veranstaltungen die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) in deiner Nähe anbietet. In Frankfurt findet zum Beispiel am 16. Februar ein Storytelling Salon statt. Weitere Veranstaltungen findest du in unserer Story.    


Im Rahmen unserer neuen Reihe "Off the record" nehmen wir unsere Erinnerungskultur unter die Lupe – und versuchen, die Personen, Ereignisse und Aspekte zu thematisieren, die nicht genug Raum bekommen.