Die politische “Mitte” ist demnach an sich gut, wird aber von Links- und Rechtsextremismus gleichermaßen bedroht, alle Extremismen sind gleich schlecht und müssen mit gleicher Energie verfolgt werden.Dagegen steht schon die Statistik: Rechtsextreme Gewaltverbrechen dominieren die polizeilich erfassten politischen Straftaten eindeutig.

Aber auch die Frage, was eigentlich die Mitte ist, ist nicht so leicht zu beantworten: “Kriminelle Ausländer abschieben” war einst ein Slogan der NPD, heute wird er von Parteien der “Mitte” diskutiert. Was ist die Mitte wert, wenn Rechtsextreme erfolgreich ihre Positionen in diese Mitte hineintragen?

  Der Fokus auf “Extemismus” hat auch dafür gesorgt, dass Rassismus und Antisemitismus allein an den politischen Rändern verortet werden – die Mitte spricht sich selbst von solchen Einstellungen frei. Dabei zeigt die Mehrheit aller Studien, dass Menschenfeindlichkeit aus der Mitte der Gesellschaft kommt. Hier lenkt die Hufeisentheorie von Problemen im Inneren ab.

  Wer bestimmt, wer Extremist ist? Im Zweifel berufen sich alle auf die Ämter für Verfassungsschutz – Einrichtungen, die mindestens seit dem NSU-Komplex selbst schwer belastet sind, rechte V-Leute gedeckt und Akten vernichtet haben. Doch ihr Wort hat nach wie vor Gewicht: Es genügt nur ein Eintrag auf einer Liste des Verfassungsschutzes, und schon sind Karrieren beendet. Der VS muss seine Einschätzungen nicht begründen, Rechtsmittel zeigen in den seltensten Fällen Wirkung.

  Und schließlich: Woher kommt die Extremismustheorie überhaupt? Wer hier nachbohrt, wird stutzig: Ihre führenden wissenschaftlichen Vertreter stehen mindestens rechtskonservativen Positionen nahe, leugnen Antisemitismus und Rassismus und offenbaren ein Weltbild, das eher zum Kalten Krieg passt als ins 21. Jahrhundert.

  Wer sich für die Geschichte und Problematik der Extremismustheorie interessiert, wird fündig in unserem Sammelband "EXTREM UNBRAUCHBAR", der 2019 in der Edition Bildungsstätte Anne Frank im Verbrecher-Verlag erschienen ist.